Funktion beim Menschen


Mit dem CRISPR-Cas-System können gezielte Veränderungen im Genom vorgenommen werden. Dazu werden zwei Komponenten benötigt: einmal ein Cas-Protein, die Genschere, und einmal der natürliche Reparationsmechanismus der Zelle. Kurz gesagt, wird das Cas-Protein durch gebundene RNA-Sequenzen zu der gewünschten Stelle auf der DNA geleitet, die es schneidet. Der entstandene Doppelstrangbruch der DNA wird automatisch von der Zelle repariert. Die verschiedenen Reparationsprozesse der Zelle werden ausgenutzt, um Gene auszuschalten oder auszutauschen.

Abb. 15: Scrabble CRISPR-Cas

Beim Menschen möchte man mit CRISPR-Cas9 eine bestimmte DNA-Sequenz zerschneiden, um die automatischen Reparaturmechanismen der Zelle zur Veränderung des Erbmaterials zu nutzen. (s. Infokasten 1)

Damit die Genschere Cas9 die gewünschte Stelle auf der DNA schneidet, wird eine Leit-RNA benötigt. Die Leit-RNA besteht aus zwei kurzen RNA-Stücken, der crRNA und der tracrRNA, die mit einem Verbindungsstück die Leit-RNA bilden.

 

Infokasten 5

Die crRNA ist eine Sequenz, die zum Teil komplementär mit der zu schneidenden Ziel-DNA ist. Der restliche Teil der crRNA-Sequenz kann sich mit der tracrRNA binden. Der Abschnitt, der mit der Ziel-DNA identisch ist, besteht aus 17-20 Nukleotiden. Die crRNA kann im Labor passgenau an die gewünschte Ziel-DNA angepasst werden.

Die tracrRNA steht für „trans-activating“ crRNA. Sie hat im Gegensatz zur crRNA immer dieselbe Sequenz.

Die crRNA und die tracRNA paaren sich zu dem crRNA:tracrRNA Komplex. Die zwei RNAs werden durch Basenpaarung zusammengehalten, da die zwei Sequenzen teilweise komplementär sind. Dieser Komplex besitzt eine stabile Haarnadel-förmige Struktur. Er kann sowohl an die Genschere Cas9 binden, als auch an die Ziel-DNA.

Der crRNA:tracrRNA Komplex kann auch durch eine künstlich hergestellte sgRNA („single guide“ RNA) ersetzt werden. Die sgRNA ist nichts anderes als die Leit-RNA. Die Leit-RNA ist ein einziges RNA Molekül, das aus ca. 100 Nukleotiden besteht. Im Labor kann ein Teil der Leit-RNA ersetzt werden, sodass sie zu jeder gewünschten Ziel-DNA komplementär ist. Dadurch kann das CRISPR-Cas Werkzeug aus Leit-RNA und Genschere von außen zu einem bestimmten Ort im Genom gesteuert werden.

Es wird ein Komplex aus Leit-RNA und Cas9 gebildet. Die Leit-RNA führt den Komplex zum richtigen Ort im Genom, da eine Teilsequenz der Leit-RNA, die crRNA, identisch mit der Sequenz der zu schneidenden DNA ist. Sie hat die Funktion eines „Führers“, der den Komplex zum Ziel leitet.

Abb. 16: Schnitt der DNA durch die "Genschere"

Es kann also jedes beliebige Gen vom CRISPR-Cas-System angesteuert werden, wenn die Leit-RNA eine komplementäre Sequenz zu dem Abschnitt der DNA, der geschnitten werden soll, enthält. Die Leit-RNA kann künstlich passgenau hergestellt werden. Es wird nur die Sequenz des gewünschten Gens oder des DNA-Abschnittes benötigt, um die Leit-RNA so zu „buchstabieren“, dass sie ein bestimmtes Gen ansteuert.

Der Komplex aus Leit-RNA und Cas9 wird wie in der Gentherapie mit Hilfe von Vektoren in die Zelle eingeschleust.

Cas9 ist ein DNA-schneidendes Enzym, ein Restriktionsenzym.

In der Zelle wird von der maßgeschneiderten Leit-RNA exakt bestimmt, wo das CRISPR-Cas Werkzeug andockt. Der Komplex gleitet solange auf der zu schneidenden DNA entlang, bis die richtige Basensequenz der RNA komplementär mit der Basensequenz der DNA ist. Erst wenn die bestimmte Basenabfolge, die sogenannte PAM-Sequenz, auf der DNA erkannt wird, wird die DNA-Sequenz von Cas9 geschnitten. Man kann sich vergleichsweise vorstellen, dass sich auf der zu schneidenden DNA ein „Suchwort“ befindet und erst wenn es gefunden ist, wird der Bereich von dem Restriktionsenzym geschnitten. (s. Infokasten 2)

Abb. 17: Doppelstrangbruch der DNA

Nun setzen die zelleigenen Reparaturmechanismen ein, um den entstandenen Doppelstrangbruch der DNA zu reparieren. Dies kann auf unterschiedlichen Weisen ablaufen.

Hautsächlich werden zwei Reparaturvorgänge unterschieden. Die Homologe Rekombination und die Nicht-Homologe Rekombination.

Die Zellen von Säugetieren benutzen häufig die nicht homologe Rekombination, um einen DNA-Bruch zu reparieren. Auch in anderen Zellen wird häufig dieser Reparaturvorgang gewählt.

Es werden die zwei Enden des Strangbruches wieder direkt zusammengefügt.

Dabei gehen häufig kleine Abschnitte, die Nukleotide verloren, oder es werden welche zusätzlich eingebaut. Wird eine Base gegen eine andere ausgetauscht, entsteht eine Punktmutation. Dies ist mit Buchstaben vorstellbar. Werden Buchstaben in einem Wort auf der DNA-Sequenz weggelassen oder hinzugefügt, ist das Wort falsch geschrieben. Auch wenn ein Buchstabe der DNA-Sequenz ausgetauscht wird, ist der Erbgutabschnitt unlesbar.

Die fehlenden oder zusätzlichen Basenpaare werden Indels genannt. Durch die Indels wurde das Gen gezielt ausgeschalten. Dieser Vorgang wird knock-out genannt.

Die aufgetretenen Fehler bei der Reparatur sind gewollt, denn schon die kleinsten Fehler sorgen dafür, dass die Proteinbiosynthese nicht ablaufen kann. Das Gen ist ausgeschaltet, denn es kann keine Proteine mehr bilden.

 

Die homologe Rekombination wird dadurch ermöglicht, dass es jedes Chromosom zweimal gibt und so auch jeden DNA-Abschnitt. Normalerweise nimmt die Zelle den zweiten DNA-Abschnitt als Vorlage, um die identische DNA-Sequenzen zu kopieren und in die Bruchstelle einzufügen. Das passiert fehlerfrei.

Der Vorgang wird bei dem CRISPR-Cas System ausgenutzt, um die DNA zu verändern, in dem eine andere zusätzliche Sequenz in den Bruch eingebaut, entfernt oder korrigiert wird.

Genetisches Material, das mittels Vektoren auch in die Zelle eingebracht wurde, kann bei diesem Reparaturvorgang eingebaut werden.

Das eingeschleuste DNA-Fragment enthält die Sequenz, die neu in das Genom eingebaut werden soll. Diese kann beliebig verändert werden, solange die Gen-Sequenzen an den Enden mit der des gebrochenen Gens übereinstimmen. Die Zelle erkennt die Veränderungen nicht und baut das DNA-Fragment und somit die Veränderung ohne Probleme in das Genom ein.

Der Vorgang wird knock-in genannt, da gezielt ein Gen in das Genom eingefügt wurde. Damit werden neue Eigenschaften erzeugt, die beim Gendoping gewollt sind.

Dieser Reparaturvorgang ist sehr praktisch und präzise, um Gene nach seinen Wünschen umzuschreiben. Jedoch tritt der Vorgang nur selten auf. Deshalb werden andere Reparaturvorgange, wie die nicht homologe Rekombination, versucht zu unterdrücken, damit die homologe Rekombination erzwungen wird.

Dieser Reparaturvorgang ist sehr praktisch und präzise, um Gene nach seinen Wünschen umzuschreiben. Jedoch tritt der Vorgang nur selten auf. Deshalb werden andere Reparaturvorgange, wie die nicht homologe Rekombination, versucht zu unterdrücken, damit die homologe Rekombination erzwungen wird.

Video: Funktion von CRISPR-Cas